Kann man Fortschritt ingenieurtechnisch erzeugen?

Ich führe gerade im Rahmen eines Evaluationsprojektes Interviews durch und habe unlängst von meinen Interviewpartnern im Gesundheitsamt von Berlin Tempelhof-Schöneberg gelernt: wenn Mitarbeiter des Gesundheitsamtes einen Brief aus dem Amt in Lichtenrade in die Außenbezirke des gleichen Bezirks schicken wollen, mit einem Postunternehmen, das einen Cent billiger ist als die normale Post, dann sammelt dieses Unternehmen die Briefe und trägt erst aus, wenn es in der Straße oder im Bezirk etwas mehr zum Zustellen gibt. Und das kann dann schon mal 8 bis 9 Tage dauern. In Berlin. Im 21. Jahrhundert. Im gleichen Bezirk. Fortschritt?

Das ist ja jetzt nur ein winziges Beispiel; ich bin sicher, wenn ich eine Webseite aufmachen würde, bei der sich alle Zeitgenossen über ihre Erfahrungen in Sachen Fortschritt ausweinen könnten, wäre bald ein buntes Sammelsurium abstruser Geschichten zusammen, die der Briefpost von Lichtenrade Mitte nach Lichtenrade Randbezirke in nichts nachstehen. [1]

Ich bin nicht gegen Fortschritt. Der ist ja bekanntlich nicht aufzuhalten, und alle Fortschrittsgläubigen blasen ja ins Jagdhorn des frohen Morgen, an dem alles anders und vor allem besser wird. Nur stimmt das denn wirklich, frage ich mich manchmal?

Weiterlesen

Interview: „WERTE KOMMEN AUS INNERER ERFAHRUNG“

In unserer modernen Wissenschaftskultur haben wir eine klare Vorstellung davon, wie wir die Welt von außen verstehen müssen. In dieser materiellen Ordnung der Welt kommen Werte jedoch nicht vor. Bisher beruhten unsere ethischen Grundlagen auf dem kulturellen Konsens, vermittelt durch die christlich-jüdische Tradition. Doch die Religion ist heute keine gemeinsame Basis mehr. Daher müssen wir … Weiterlesen

“Sowohl als auch” statt “entweder-oder” – oder: wie man Kategorienfehler vermeidet

„Was ist tiefer: Teller oder Tasse?“, fragte neulich wer. Nach einigem Nachdenken sagte ich: „Naja, kommt drauf an, wie tief der Teller oder die Tasse wirklich sind, nicht wahr?“ „Falsch“, sagte der Schlaumeier. „Die Oder“. Klar. Egal wie tief eine Tasse oder ein Teller sind, die Oder, also der Fluss, an dem Frankfurt (Oder) liegt, wo ich arbeite, ist immer noch tiefer.

Der Witz – der natürlich gesprochen besser funktioniert als geschrieben – macht sich eine implizite Denkgewohnheit zu Nutze. Wir denken sehr häufig in den ausschließlichen Kategorien „entweder–oder“. Dabei übersehen wir das mögliche Dritte, Vierte, oder Fünfte. Darauf will ich ein bisschen Aufmerksamkeit und Zeit verwenden, weil mich das schon lange umtreibt.

Weiterlesen

Wie kommen wir zu Werten und Wertentscheidungen? Warum wir (unter anderem) eine Kultur des Geistes brauchen

Zusammenfassung eines Vortrages gehalten am 22.Mai 2014 anlässlich des 30. jährigen Bestehens der Oberbergkliniken auf dem Symposion „Psychosomatik 2020“ in Berlin.

Es ist eine Binsenweisheit: jede Handlung enthält eine Wertentscheidung. Wenn wir uns entscheiden Zeitung zu lesen, statt mit unseren Kindern zu spielen oder mit unserer Partnerin zu reden, so geben wir dem einen – im Moment – den Vorzug vor dem anderen und haben eine Wertentscheidung getroffen. Ohne eine solche Entscheidung funktioniert Handeln nicht. Allerdings wäre es zu kompliziert, dauernd bewusst zu entscheiden, denn wir müssen ja laufend handeln und können es uns nicht leisten, jedes Mal von Neuem zu klären, nach welchem Wert wir vorgehen wollen, oder was uns wichtiger ist. Daher handeln wir meistens nach verinnerlichten Werthierarchien. Wo kommen diese her? Darauf gibt es eine sehr kurze, eine kurze und eine lange Antwort (wenn nicht noch mehr).

Wir handeln meistens nach verinnerlichten Werthierarchien. Wo kommen diese her?

Weiterlesen

„Science Delusion“ – www.SetScienceFree.org: Ein paar Gedanken zu Rupert Sheldrake

Set Science Free: Sign the Petition at www.SetScienceFree.org

Ich kenne Rupert Sheldrake schon ein ganzes Weilchen; vor kurzem war er auch bei uns in Frankfurt (Oder) zu Gast. Angefangen hat unsere Bekanntschaft, als wir seine Versuche zum Phänomen des „Angeschautwerdens“ kritisierten und darüber ins Gespräch kamen. Ich habe ihn wegen seiner Offenheit, auch gegenüber Kritik, und seiner genuinen Neugier schätzen gelernt. Und ich habe, auch ihm gegenüber, nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich seine Theorie der „morphogenetischen Felder“ für empirisch nicht belegt halte, genauer gesagt, ich glaube sogar, dass die Daten eher gegen ein solches Feldmodell sprechen. Denn es gibt all zu viele Versuche, bei denen genau das Gegenteil dessen, was man erwarten würde herauskam. Aber das würde jetzt zu weit führen. Allerdings gehe ich mit ihm in einigen wichtigen Punkte überein: die Phänomene, von denen er spricht, seien sie jetzt dem Bereich der „Parapsychologie“ zuzurechnen, oder seltsame „Feldphänomene“ in der Biologie, sie verdienen die vermehrte Aufmerksamkeit der Wissenschaft gerade weil sie unserer Erwartung zuwider laufen.

Die Phänomene verdienen die vermehrte Aufmerksamkeit der Wissenschaft gerade weil sie unserer Erwartung zuwider laufen.

Weiterlesen