Ich hatte ja vor einer Weile darauf hingewiesen, dass unsere Kindermaskenstudie nach einem neuen Review-Prozess in der Langversion wieder neu publiziert worden ist. Zur Erinnerung: Wir hatten in der Einatemluft der Kinder nach 3 Minuten erhöhte Kohlendioxidwerte in der Größenordnung von 13.000 Parts per Million (ppm) gefunden; 2.000 ppm ist der Grenzwert. Höhere Werte stellen laut Umweltbundesamt eine Gesundheitsgefährdung dar [1].
Das bestätigt, dass die ursprüngliche Publikation in JAMA Pediatrics zu Unrecht zurückgezogen worden ist. Die Motivation für diesen Rückzug der Publikation dürfte politischer Natur gewesen sein. Denn wenn diese Publikation damals Bestand gehabt hätte, dann hätte das zu Konsequenzen führen müssen. Die Maskenpflicht für Kinder hätten aufgehoben werden müssen und Eltern hätten womöglich gute Chancen bei Gerichtsverfahren gehabt. Die Maskenmandate sind jetzt ja Gott sei Dank aufgehoben und möglicherweise werden jetzt die Justizmühlen beginnen zu mahlen.
Wie nicht anders zu erwarten, gab es auch gegen die zweite Publikation der neuen Langversion unserer Studie Widerspruch. Das ist der normale Prozess wissenschaftlichen Diskurses, dass Daten, die anderen nicht gefallen oder die sie kritisch sehen, kritisch kommentiert werden. In diesen Fall haben eine japanische Gruppe und zwei Schweizer Autoren der Schweizerischen Unfallversicherung Kritikpunkte geäußert.
Auf diese Kritik sind wir eingegangen. Unsere Replik ist jetzt bis 21.4.2023 unter diesem Link frei verfügbar und danach über die Homepage des Journals [2].
Takahashi und Tanimoto – der eine Autor ist von der Graduate School of Public Health in Tokyo, der andere vom Medical Governance Research Institut in Tokyo – bezweifeln unsere Daten, weil wir keine Kontrollgruppe gehabt hätten und weil wir „nur“ CO₂-Niveaus gemessen hätten und keine andere Daten. Wir haben in unserer Antwort gezeigt, dass sowohl der Ruf nach einer Kontrollgruppe als auch die Forderung nach maximaler Datendichte in diesem Falle falsch sind. Denn zum einen haben wir eine Kontrolle, nämlich die Normalsituation, die wir unter Baseline erfasst haben. Zum anderen ist es falsch zu sagen, man kann nur Aussagen machen, wenn man eine unbehandelte Kontrollgruppe hat. In diesem Falle ist die normale Atmung die Kontrolle. Und wenn anerkannte Grenzwerte verletzt sind, dann reicht das aus, um eine Sicherheitswarnung auszusprechen, zumal, wenn das nach 3 Minuten der Fall ist wie in unserem Fall.
Steinle und Koller glauben zwar unseren Daten, sind aber trotzdem der Meinung, dass unsere Messungen nicht stimmen. Letzteres hatten wir schon in unserer Publikation angesprochen und gezeigt, dass Rückrechnungen aus der ausgeatmeten Kohlendioxidmenge (die noch niemand als falsch bezweifelt hat) sehr gut die von uns gemessene eingeatmete Kohlendioxidmenge wiedergeben. Die Daten dieser Rückrechnung waren im Supplement enthalten und wurden vielleicht von den Autoren übersehen. Außerdem sind in der Zwischenzeit Daten mit anderen Messungen erschienen [3], die unsere Messungen mit FFP2-Masken fast punktgenau bestätigen. Obendrein zeigt eine neue Meta-Analyse [4], dass die Situation genau so ist, wie wir sie durch unsere Messungen gefunden haben: Gesichtsmasken führen zur Einatmung erhöhter Kohlendioxidwerte, und dies wirkt sich langfristig auf die Atemphysiologie, auf kardiovaskuläre und Stoffwechsel-Parameter aus. Dass wir solche Auswirkungen nach der relativ kurzen Messdauer nicht gesehen haben, spricht nicht dafür, dass Maskentragen unbedenklich ist, sondern dass es nach 6 Minuten noch nicht zu messbaren Veränderungen in der Atemphysiologie führt – aber eben sehr wohl, wenn die Situation länger andauert.
Was ich interessant finde ist, wie Steinle und Koller ihre Kritik begründen: Wir hätten den erwähnten EU-Messstandard nicht eingehalten. Dieser Messstandard erfordert, dass man komplett abgedichtet misst, und zwar an einer Dummy-Puppe. Unsere Messungen waren in Anlehnung an diesen Standard durchgeführt worden. Dass Kinder keine Plastikdummys sind und dass man die Masken nicht komplett abdichten kann, leuchtet ein. Aber man hätte ja Messsonden in die Nase einführen können, war ein Vorschlag der Autoren … Tja, hätte man. Wollten wir aber nicht, weil das zu invasiv ist und weil garantiert jede Ethikkommission diese Idee kritisch gesehen hätte. Außerdem meinten die Autoren, sitzend gemessene Werte seien vielleicht eine Unterschätzung, weil sich ja durch die erhöhte Atemfrequenz bei Bewegung und intellektueller Tätigkeit eine andere Ventilation auftreten könnte. Tja, könnte, tut sie aber nicht. Wissen wir nun auch schon eine Weile lang [5].
Steinle und Koller sind Mitarbeiter der Schweizer Unfallversicherung. Ich kenne solche Organisationen nicht gut genug, um mir ein Urteil darüber zu bilden, ob solche Autoren am Abend und am Wochenende in ihrer Freizeit solche Kritik-Texte zur eigenen Erbauung schreiben. Oder ob sie soviel Zeit in ihrer Arbeitszeit haben, sich selber Beschäftigung zu suchen. Oder ob sie gar einen offiziellen Auftrag dazu hatten. Ich vermute mal, letzteres, obwohl das natürlich eine Vermutung bleiben wird. Es würde Sinn ergeben, denn wenn Eltern plötzlich rebellisch werden, Kinder am Ende vielleicht krank werden, zum Beispiel psychogenes Asthma entwickeln, oder eine starke Phobie, oder Schulunwilligkeit und speziell beschult werden müssen, andere psychische oder körperliche Schäden davontragen, die man relativ leicht auf das Tragen von Gesichtsmasken zurückführen kann … Ja, was passiert denn dann? Dann wird ein Gericht in der Schweiz zumindest, wo das Rechtssystem noch unabhängig von der Politik funktioniert (anders als in Deutschland übrigens, dazu werde ich noch an anderer Stelle kommen), die Unfallversicherung dazu vergattern, die Kosten zu übernehmen. Denn Schul- und Arbeitsunfälle gehen in der Schweiz nicht zulasten der Krankenversicherung, sondern der Unfallversicherung. Ich habe 20 Jahre in der Schweiz gelebt und meine Kinder dort in der Schule gehabt. Täusche ich mich, Herr Steinle und Herr Koller? Wenn ja, publiziere ich gerne eine Gegendarstellung, wenn Sie mir den Sachverhalt richtig darstellen.
Was ich noch interessant finde: Eine Institution wie die Schweizerische Unfallversicherung hat jede Möglichkeit, die Daten, die sie von uns eingefordert haben, selber zu erzeugen. Mit etwas vorausdenkender Risikoeinschätzung hätte jeder sofort sehen können, dass Maskenpflicht für Kinder problematisch ist, oder dass sich dadurch möglicherweise Entwicklungs- und Gesundheitsprobleme ergeben könnten, die die Gefahr von Covid-19-Erkrankungen bei Kindern bei weitem übertreffen. Man hätte die Studie, die wir angeblich mit schlechter Messung gemacht haben, offiziell, mit mehr als den 5000 Euro Budget, das wir zur Verfügung hatten, durchführen können und Zweifel ausräumen können. Warum bloß kamen solche offiziellen Stellen nicht auf die Idee, die Daten zu liefern, die dann alle möglichen Leute von uns erwartet haben?
Was ein sehr positives Zeichen ist: Unsere Erwiderung ist vergleichsweise lang. Denn es sind auch einige grundlegende methodische, wissenschaftstheoretische, politische und faktische Information darin enthalten. Diese Erwiderung lief durch einen Review-Prozess, wohl durch den Editor. Der Editor hat nur ein paar meiner emotional gefärbten und polemischen Bemerkungen rausgestrichen. Kann man verstehen, denn es ist ja ein wissenschaftlicher Text. Aber zum einen hat er uns viel Raum gegeben, unsere Erwiderung auszubreiten. Und zum anderen hat er überhaupt einen Diskursraum eröffnet. Das muss man ihm sehr zugutehalten und dafür bin ich extrem dankbar.
Aus meiner Sicht ist das Thema damit abgeschlossen: Gesichtsmasken bei Kindern sind ein Unding. Sie sind gesundheitsschädlich. Die Daten sind klar. Eltern, die psychische oder körperliche Schäden bei ihren Kindern entdeckt haben, die eindeutig auf das Maskentragen zurückzuführen sind, haben vermutlich Chancen, Regress gerichtlich geltend zu machen. Denn warum sonst hätte sich wohl die Schweizerische Unfallversicherung die Mühe gemacht, unsere Studie abzuschießen?
Quellen und Literatur
- Umweltbundesamt. Gesundheitliche Bewertung von Kohlendioxid in der Innenraumluft [Health assessment of carbon dioxide in air within closed rooms]. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz. 2008;51(11):1358-69. doi: https://doi.org/10.1007/s00103-008-0707-2.
- Walach H, Traindl H, Prentice J, Weikl R, Diemer A, Kappes A, et al. Reply to Commentaries-„Is mask wearing hazardous for children? No the evidence is insufficient.” by Kenzo Takahashi and Tetsuya Tanimoto & comments by Patrick Steinle and Michael F. Koller. Environmental Research. 2023:115528. doi: https://doi.org/10.1016/j.envres.2023.115528.
- Martellucci CA, Flacco ME, Martellucci M, Violante FS, Manzoli L. Inhaled CO2 concentration while wearing face masks: a pilot study using capnography. Environmental Health Insights. 2022;16:11786302221123573. doi: https://doi.org/10.1177/11786302221123573.
- Kisielinski K, Hirsch O, Wagner S, Wojtasik B, Funken S, Klosterhalfen B, et al. Physio-metabolic and clinical consequences of wearing face masks -Systematic review with meta-analysis and comprehensive evaluation, PREPRINT (Version 1). Research Square. 2022;(22 December 2022,). doi: https://doi.org/10.21203/rs.3.rs-2394501/v1.
- Zheng C, Poon ET-C, Wan K, Dai Z, Wong SH-S. Effects of Wearing a Mask During Exercise on Physiological and Psychological Outcomes in Healthy Individuals: A Systematic Review and Meta-Analysis. Sports Medicine. 2023;53(1):125-50. doi: https://doi.org/10.1007/s40279-022-01746-4.